In wilhelminischer Zeit bestimmte die zunächst zweijährige, später sogar dreijährige Wehrdienstzeit in tiefgreifender Weise das Leben der jungen Männer. Der Aufenthalt in der Kaserne war geprägt von Drill und Exerzieren, von Gehorsam (häufig Kadavergehorsam) gegenüber denVorgesetzten und von Erziehung in patriotischem Geist („Die Armee als Schule der Nation“). Manöver boten die Möglichkeit der Bestätigung der angelernten und eingeübten Fähigkeiten, entbehrten aber des spielerischen Charakters wegen durchaus nicht der Attraktivität und Abwechslung im ansonsten ehereintönigen Soldatendasein.

Der Abschied vom Militärdienst galt als erfreuliches Ereignis. Mit ihm verbunden waren oft besondere Erinnerungsstücke, die mit idyllisch dargestellten Szenen aus der Dienstzeit den Rekruten mitgegeben wurden. Es waren bevorzugt farbenfrohe Bilder aus dem Soldatenleben mit meist gereimten kurzen Begleittexten, aber auch Pfeifenköpfe, Bierkrüge und – wie hier wiedergegeben – Reservisten-Schnapsflaschen („Flachmänner“), die in der uns vielleicht noch vertrauten Umgangssprache als „Wamsaape“ bekannt sind. In unserem Fall handelt es sich um das Erinnerungsstück des aus Sprockhövel stammenden Gefreiten Niepmann, der im Infanterie-Regiment Nᴼ57 in Wesel Dienst getan hatte. Er wie seine Kameraden verabschieden sich mit lockeren Sprüchen („Oh wie wohl ist dem zu Muth, der seine letzte Wache thut“, oder: „Meine Dienstzeit ist nun aus, sei gegrüßt, liebe Mutter, zu Haus“). Gleichwohl: Der Übergang in die Reserve entband nicht von Pflichten gegen Kaiser, Vaterland und Volk. Im Kriegsfall stand die Reaktivierung als Soldat an.

Niepmanns Reservisten-Schnapsflasche wie auch einige andere, thematisch ähnlich akzentuierte Stücke werden in eine kleine Ausstellung eingebracht, die der Heimat- und Geschichtsverein Sprockhövel in Rückbesinnung auf den Ausbruch des Ersten Weltkrieges am 1. August geplant hat.