Eynen ist Schüler der Wilhelm-Kraft-Gesamtschule. Im Heimathaus kurbelt und kurbelt er. Der Einsatz in einem Alu-Topf, der in die Aussparung in der alten gusseisernen Herdplatte eingelassen ist, dreht sich unermüdlich und dient zum Rösten von Gerste. „Die muss schön dunkelbraun werden, damit der Kaffee nachher auch eine schöne Farbe hat“, erläutert Hanspeter Dabruck vom Heimatverein, der die Kinder hier am mit Holz befeuerten alten Emaille-Herd beim Getreiderösten betreut.
Später, wenn die Gerste abgekühlt ist, wird sie gemahlen, und so erhält man das Kaffeepulver für den sogenannten „Kinderkaffee“, den „Muckefuck“. „Der Herd wird mit Holz geheizt. Früher wurde er mit Kohle geheizt und war oftmals das einzige Gerät in einer Wohnung, das Wärme erzeugte“, erzählt Dabruck. Gemeinsam mit vielen Mitgliedern des Sprockhöveler Heimatvereins betreut er die Kinder der Klasse 6a der Wilhelm-Kraft-Gesamtschule. Schon vor dem Ausbruch der Pandemie war Lehrer Franz Schaden, der Naturwissenschaften unterrichtet und ebenfalls Mitglied im Heimatverein ist, mit einer Klasse in die „Gute Stube Sprockhövels“, wie das Heimathaus liebevoll genannt wird, gekommen. Die Schüler sollten Eindrücke darüber gewinnen, wie im Handwerk früher gearbeitet wurde, als es noch keinen Strom gab.

So machten viele Mitglieder des Heimatvereins auch jetzt – nach zwei Jahren Pause – altes Handwerk hautnah für die Kinder erlebbar. Der ehemalige Fliesenlegermeister Erich Bühren etwa demonstrierte der Gruppe, wie man von Hand eine Öffnung in eine Wandfliese schlägt: Mit dem Spitzhammer wurde so lange auf einen winzigen Fleck geklopft, bis die Glasur an dieser Stelle in winzigen Splittern abzuplatzen begann. Nur wenige Schläge auf die darunter liegende Keramikschicht waren nötig, und schon hätte man die Öffnung etwa für eine Wasserleitung passend vergrößern können. Bühren ermunterte Luca, mit einer Mischung aus Beherztheit und Vorsicht gleichermaßen auf die Fliese zu klopfen, und zur Überraschung zeigte sich schon bald eine Öffnung in der Keramik, ohne dass diese zerbrochen wäre.
Mitschüler Leo ist schon recht erfahren, was Handwerkliches anbelangt: „Ich helfe zuhause auch, wenn was repariert werden muss“, und er dokumentierte seine Erfahrung mit wenigen präzisen Schlägen auf den Kopf des langen Stahlnagels, den Hausherr Gerhard Koch mit zum Hauklotz gebracht hat.
Franz Schaden ist es wichtig, dass seine Schüler das alte Handwerk kennenlernen, damit das Wissen um alte Techniken, wie es im Heimathaus aufbewahrt wird, nicht ganz verloren geht. „Natürlich stehen diese Erlebnisse hier im Wettbewerb mit Handyspielen und anderen Ablenkungen. Aber sie lassen sich auch für all diese Dinge hier begeistern“, weiß der Lehrer aus Erfahrung, dass der Reiz im Heimathaus im Selbermachen liegt. „In welchem Museum darf man schon Ausstellungsstücke anfassen?“, fragt er, und genau das macht die Handwerksausstellung im Heimathaus so attraktiv für Kinder und Jugendliche.
Sie erlebten unter Anleitung von Jupp Katzer beispielsweise auch, was für eine Energiequelle die menschliche Muskelkraft ist, denn lange vor der Erfindung von strombetriebenen Bohrern oder Stanzen gab es Werkzeuge, die rein mechanisch funktionierten. Als Erinnerung an ihre handwerklichen Experimente erhielten die Kinder einen langen, stark gekrümmten Hobelspan.
Für Leo war die Arbeit in der Holzwerkstatt kein Hexenwerk, denn er hilft seinem Großvater in dessen Werkstatt, fährt mit Trecker und Aufsitzrasenmäher.
Wie schnell es auf dem Holzherd geht, bis die Milch für den Kaffee heiß ist und überzukochen droht, erlebten die Kinder auch. Zum selbst hergestellten Milchkaffee gab es frisches Brot, das mit einer historischen Schneidemaschine geschnitten wurde. Fingerspitzengefühl und einige Waffeln Erfahrung waren nötig, um auf einem gusseisernen Waffeleisen goldbraune Köstlichkeiten zu backen.

 

Quelle: https://www.wz.de/nrw/sprockhoevel/schueler-lernen-in-sprockhoevel-das-alte-handwerk-kennen_aid-85900559